1. Herr Dr. Reinschmidt, vor fast genau einem Jahr tauschten Sie Ihr berufliches Umfeld. Sie wechselten vom Urlaubsparadies Teneriffa zurück in Ihre badische Heimat. Was genau reizte Sie an der Position des Karlsruher Zoodirektors?
Im Badischen, in meiner Heimat, habe ich die einmalige Chance, für Tiere, aber auch für die Besucherinnen und Besucher umfassend gestaltend tätig werden zu können. Denn der Zoologische Stadtgarten Karlsruhe hat ein sehr großes Entwicklungspotential. Wir möchten in den nächsten Jahren durch die Gestaltung natürlicher und größerer Gehege noch tiergerechtere Unterbringungsmöglichkeiten für unsere Schützlinge gestalten, sodass unsere Zoogäste auch einen Eindruck vom natürlichen Lebensraum dieser Tiere bekommen. Durch Verbesserungen im Besucherservice, aber auch in den Angeboten können wir die Anlage noch attraktiver gestalten.
2. Und wie möchten Sie den Karlsruher Zoo im Vergleich zu den nächstgelegenen Einrichtungen in Stuttgart, Heidelberg oder Landau positionieren? Worin liegt künftig das Alleinstellungsmerkmal unseres Zoos?
Zum einen: Der Zoologische Stadtgarten liegt einfach ideal - zentral direkt am Hauptbahnhof im Herzen von Karlsruhe. Und ermöglicht so allen Besucherinnen und Besuchern eine leichte und entspannte Erreichbarkeit. Den auswärtigen Gäste aus ganz Süddeutschland inklusive dem nahen Elsass ist unsere Anlage ein herrlicher touristischer Anlaufpunkt. Den Karlsruher Bürgerinnen und Bürgern wiederum ein Naherholungsgebiet inmitten der Stadt.
Ein Alleinstellungsmerkmal ist die Kombination aus Tierpark und Parklandschaft. Das geht auf zwei Schwerpunkte zurück, die sich aus der Historie begründen: Von einem Geflügelzuchtverein vor 150 Jahren gegründet, sind bis heute die Wasservögel ein prägendes Element in der Gesamtanlage. Und dann wurde 1967 von den Verantwortlichen der Bundesgartenschau die Umgestaltung des gartenbaulichen Teils mit Einbindung des Zoos umgesetzt, um ein einheitliches Erscheinungsbild zu erreichen.
3. Das Thema Artenschutz liegt Ihnen ja besonders am Herzen. Welchen Beitrag kann der Karlsruher Zoo aus Ihrer Sicht hierzu leisten? Um welche Tierarten geht es Ihnen dabei im Besonderen?
Durch die großzügige Unterstützung der Volksbank Karlsruhe können wir in Kürze die "Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe" ins Leben rufen. Viele unserer bedrohten Tierarten sehen wir als Botschafter ihrer Art und möchten die Besucher auf die Situation der Tiere im Freiland sensibilisieren. Denken Sie an die Schneeleoparden in der „Bergwelt Himalaya“ oder an die Zwergseidenäffchen im Exotenhaus und viele andere, vom Aussterben bedrohte Tierarten. Geplant ist, jede Tiererlebniswelt im Zoo Karlsruhe mit einem konkreten Schutzprojekt im natürlichen Lebensraum zu verbinden, um der Ausrottung bedrohter Arten entgegenzutreten.
4. Die Mitte Juni vereinbarte Kooperation zwischen dem Karlsruher Zoo und der Volksbank Karlsruhe sichert Ihrem Haus jedes Jahr ein zusätzliches Budget von 100.000 Euro. In welche konkreten Projekte wird der Betrag investiert?
In 2016 werden wir - getreu unserm Motto "Wir wollen den Menschen die Tiere näherbringen" - unsere Känguru-Anlage um einen für den Besucher begehbaren Teil erweitern. Und die andere Hälfte des Geldes werden wir zur Gründung der "Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe" verwenden.
5. Wären diese Vorhaben ansonsten nicht finanzierbar gewesen?
Die Unterstützung der Volksbank Karlsruhe hilft uns, diese beiden geplanten Projekte noch in diesem Jahr zu realisieren. Sie finden sich als Zielsetzung Entwicklungskonzept Zoologischer Stadtordnung wieder. Ohne die Unterstützung wäre die zeitnahe Realisierung aber sehr schwierig geworden. Nutznießer sind unsere Tiere und unsere Gäste sowie der Artenschutz.
6. Über die Attraktivität eines städtischen Zoos stimmen die Besucher mit den Füßen ab. Mit dem Exil von Rosalinda, dem Papagei aus einem Pippi-Langstrumpf-Film, ist Ihnen ja erst kürzlich ein Mediencoup gelungen. Wie werden Sie künftig den Karlsruher Zoo in das Blickfeld der Öffentlichkeit rücken? Worauf können sich die Tierfreunde als nächstes freuen?
Wir werden auch weiterhin viel zu zeigen und zu erzählen haben. Da ist es nur konsequent, unsere Medienarbeit ständig intensivieren, um unsere spannenden Tiere und neuen Anlagen in das Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken. Denken Sie allein an die nächsten Monate: Neben den Kängurus werden wir eine Erdmännchenanlage, eine Schneeeulenvoliere sowie ein Gehege für Graupapageien eröffnen. Schon im Juli wird für unsere jungen Gäste die Kinderturn-Welt der Kinderturnstiftung Baden-Württembergische eröffnet, die mit 6 Bewegungsstationen Kinder körperlich fit hält und dabei noch spannende Erkenntnisse über Tiere vermittelt. Im Jahr 2017 stehen der Bau einer neuen Luchs-Anlage sowie die Erweiterung des Elefanten Außengeheges auf dem Plan. Allein die dann von 1100 qm auf über 3000 qm erweiterte Altersresidenz für unsere Elefanten ist ein Alleinstellungsmerkmal . Und für Rani, Shanti, Jenny und Nanda, unsere Neue, einfach ein wunderbares Heim.
7. Insbesondere für die ganz kleinen Besucher sind so genannte Streichelgehege sehr attraktiv. Wie geht es hierzu weiter im Karlsruher Zoo?
Kinder wollen den Tieren nah sein. Und manchmal auch ein bisschen wie sie sein. Und so liegt auch in unserem Streichelzoo eine der neuen Bewegungswelten der Kinderturn-Welt, bei der die Kinder im gleichen Gehege klettern können wie die Ziegen.
8. Letzte Frage: Werfen Sie doch mal einen Blick in die Glaskugel. Wie präsentiert sich der Karlsruher Zoo seinen Besuchern in zehn Jahren, wenn das im März vom Gemeinderat beschlossene Entwicklungskonzept umgesetzt wurde? Plantschen die Eisbären dann nach wie vor zu Füßen des Lauterbergs?
Wir hoffen, die 43 Projekte des Masterplans im vorgegebenen Zeitraum von 10 Jahren umsetzen zu können, um dadurch die Attraktivität der Anlage für Tier und Mensch deutlich zu steigern. Mein persönliches Ziel ist, die derzeit gut eine Millionen Gäste auf zwei Millionen zu steigern – als „messbares Zeichen“ für all das, was wir erreicht haben. Vielleicht biegen wir in diesem Punkt in zehn Jahren bereits in die Zielgrade ein.
Klar ist aber auch: Dafür brauchen wir nicht nur die Unterstützung der Bevölkerung und des Gemeinderates, sondern auch weitere finanzkräftige Sponsoren.